Nominiert für den Deutschen Reporterpreis 2010.
„Unsere
größte Konkurrenz ist das Rote Kreuz“
Pöbelnde
Fahrgäste, endlose Nachtfahrten - und doch immer wieder der Traum
der Freiheit: ein Gespräch mit Hans Meißner, dem Franz Josef Strauß
der Taxifahrer.
Tobias Haberl/Dominik Wichmann,
SZ-Magazin, 15/10
SZ-Magazin: Herr
Meißner, warum fahren eigentlich so viele Taxifahrer Mercedes?
Hans Meißner: Weil
es das billigste Auto ist – große Leistung, kaum Reparaturen. Es
gibt spezielle Taxi-Editionen, da ist alles drin, was man braucht,
Kunstledersitze, Anschluss fürs Taxameter, verstärkte Batterie,
kostet 26 000 Euro plus Mehrwertsteuer.
Warum fährt dann
nicht jeder Mercedes?
Weil die Leute nicht
rechnen können: Die kaufen sich ein Auto, weil sie 20 Prozent Rabatt
kriegen, und nach zwei Jahren ist es hin. Die vergessen, dass der
Kaufpreis nur 15 Prozent von den Kosten ausmacht, wenn man ein Auto
300 000 Kilometer fährt. Öl, Sprit, Reparaturen – muss man alles
mit einberechnen.
Wie lang sind Sie
Ihre Taxis gefahren?
400 000 bis 500 000
Kilometer. Ein Kollege von mir hatte mal über 900 000 drauf, davon
700 000 mit einem Motor. Am besten kauft man sich nie ein neues,
immer nur ein Auslaufmodell. Warum? Dann muss man sich nicht mehr mit
den Kinderkrankheiten rumschlagen.
Warum sind die Taxis
in Deutschland überwiegend beige?
Die sind nicht
beige, die sind elfenbeinfarben.
Warum also
elfenbeinfarben?
Waren sie nicht
immer. Ursprünglich gab es keine einheitliche Taxifarbe, 1961 wurde
dann Schwarz eingeführt. Sollte seriös wirken, war aber eine Falle.
Die Autos haben sich so aufgeheizt, ich habe mal an einem Sommertag
3,5 Kilo abgenommen.
Und dann wurde
gewechselt?
Ja, Tests ergaben,
dass die Farbe Elfenbein besonders gut zu sehen ist, inzwischen ist
sie unser Markenzeichen.
An das sich jeder
halten muss?
Ja, vor ein paar
Jahren wollten ein paar dumme Taxifürsten die Farbe abschaffen. Die
dachten, dass sie danach mehr für die Gebrauchtwagen kriegen. Was
die nicht bedacht haben: dass die Farbe vollkommen egal ist, wenn ein
Auto 500 000 Kilometer drauf hat.
Man sitzt im Taxi,
hat zu viel getrunken und muss sich übergeben. Was tun?
Dem Fahrer Bescheid
geben, der fährt rechts ran, Tür auf, und los geht’s.
Und wenn man dazu
nicht mehr fähig ist?
Dann auf jeden Fall
nach unten auf die Fußmatte mit der Angelegenheit, dann kommt man
mit 50 bis 100 Euro davon.
Und wann wird es
richtig teuer?
Wenn man die Suppe
gegen das geschlossene Fenster spuckt, das läuft in die Ritzen, man
muss die Tür zerlegen und das Zeug abkratzen. Kostet 1300 Euro. Ist
aber immer noch besser …
Als was?
… als
sich auf dem Beifahrersitz nach vorn zu lehnen und in die Lüftung zu
brechen. Da ist man schnell mit 2000 Euro dabei.
Wer steigt im Taxi
eigentlich vorne und wer hinten ein?
Die auf dem
Beifahrersitz wollen reden, die anderen ihre Ruhe. Reichere Menschen
steigen eher hinten ein, die lesen oder telefonieren. Nachts steigen
alle vorn ein. Es gibt Fahrer, die lassen nachts gar keinen hinten
rein, damit sie die Leute besser im Blick haben.
Wer ist Ihr bester
Kunde in München?
Früher McKinsey,
die Unternehmensberatung, die hatten 3000 Fahrten im Monat, aber bei
denen ist es ruhig geworden.
Und heute?
Autobus Oberbayern,
die haben 11 000 Fahrten im Jahr, das sind 1000 im Monat.
Ein Busunternehmen?
Ja klar, die haben
die Buslinie vom Flughafen in die Stadt. Und an der Haltestelle
»Nordfriedhof« warten die Taxis.
Wer ist auf Platz
zwei und drei?
Irgendwelche Hotels.
Auf Platz vier ist schon ein Puff, »Pascha« oder so ähnlich,
draußen am Moosfeld.
Wer fährt denn so
in die Münchner Nachtclubs?
Am meisten geht
während der Bauma, der Messe für Baumaschinen. Da kommt eine halbe
Million Besucher. Sie glauben nicht, was da los ist: Zwischen den
Puffs gibt es richtige Kämpfe, also schmieren die Puffwirte die
Taxler mit einer Kopfprämie. Es gab Zeiten, da haben die Taxler mehr
verdient als die Nutten.
Wie hoch ist so eine
Kopfprämie?
80 Euro. Wenn du
drei Kunden hinchauffierst, hast du 240 Euro mehr in der Tasche. Ich
weiß noch, früher kostete der Eintritt in einen guten Puff in
München 250 Mark. Davon hat der Taxler 140 bekommen, 50 der Wirt und
für das Mädel ist nicht mehr viel übrig geblieben.
Wurde früher mehr
ins Puff gefahren?
Mein Gott, ich
erinnere mich an die Olympiade ’72 in München. Die erste Woche war
so tot, dass ich zu meiner Frau gesagt habe: Du, heute fahren wir ins
Alpamare nach Tölz, es geht eh nichts. Die Stadt hatte zusätzlich
550 Taxis zugelassen, aber die Funktionäre sind mit den
Shuttle-Diensten durch die Stadt gefahren. Das große Geschäft kam
in der zweiten Woche mit den Sportlern.
Das müssen Sie
erklären.
Ist doch logisch. In
München saßen 12 000 Sportler und jede Menge Trainer. Die waren
vorher monatelang kaserniert und mussten von früh bis spät durch
die Gegend laufen und springen. Die haben aufgedreht, als die ersten
Wettkämpfe vorbei waren, Langstreckenläufer, 25 Jahre alt, die ihr
Leben lang nur im Kreis gerannt sind.
Wo sind die hin?
Es gab damals einen
Puff in Moosach in der Dachauer Straße, da sind die packerlweise
hingepilgert. Als hätte man dort Gratiskartoffeln verteilt.
Sie sind von 1966
bis 1982 selbst Taxi gefahren. Was war früher anders? Früher sind
die Leute Taxi gefahren, weil sie kein Geld für ein Auto hatten,
heute fahren sie Taxi, weil sie mit dem Auto keinen Parkplatz finden.
Ihre längste Fahrt?
In den Schwarzwald.
Ist übrigens gar nicht dumm, längere Fahrten mit dem Taxi zu
machen.
Das müssen Sie ja
sagen.
Nein, im Ernst,
selbst heute kostet der Kilometer außerhalb der Stadtgrenzen 1,30
Euro. Eine Fahrt nach Frankfurt macht ungefähr 540 Euro. Wenn man zu
dritt oder viert fährt, ist es billiger als mit der Bahn.
Haben Taxifahrer
heute ein anderes Image als damals?
Taxler hatten immer
ein gutes Ansehen, das Problem ist: Die meisten wissen es nicht.
Unsere Fahrer haben zu wenig Selbstbewusstsein. Die denken sich: Ich
bin doch nur ein Taxifahrer. Ist aber ganz falsch. Bei
internationalen Umfragen liegen Taxifahrer immer im ersten Drittel,
wenn es um die Beliebtheit geht, noch vor den Anwälten und
Priestern.
Warum?
Weil die Menschen
uns vertrauen. Wie groß muss das Vertrauen sein, wenn eine hübsche
Frau allein nachts um drei zu einem Fremden ins Auto steigt, um sich
sicher vor die Haustür fahren zu lassen?
Dann müsste den
Fahrern doch bewusst sein, wie beliebt sie sind.
Schon, aber die sind
verunsichert, weil die ganzen Schmierblätter daran arbeiten, sie
schlechtzumachen. »Taxifahrer schlug Fahrgast«, die Zeile liest man
immer wieder. Haben Sie je irgendwo »Bäckermeister schlug
Passanten« gelesen?
Wie hart ist der
Konkurrenzkampf unter den Fahrern?
Sehr hart. Die haben
ihre Tricks, um Fahrer, die sie nicht leiden können, auszutricksen.
Die rufen sich gegenseitig per Handy an und schicken sich an Ziele,
wo dann keiner wartet.
Wie viel Zeit
verbringt ein Taxifahrer mit warten?
In München zwei
Drittel seiner Arbeitszeit.
In Berlin?
Drei Viertel, da ist
tote Hose. 7000 Taxis und zu wenig Menschen, die Geld haben.
Sitzt heute ein
anderer Menschenschlag hinterm Steuer als zu Ihrer Zeit? Früher
waren es Ober- und Niederbayern, heute sind es Afghanen und Türken.
Ist aber vollkommen wurscht. Ein blöder Niederbayer ist mir genau so
zuwider wie ein blöder Türke. Einige afghanische und türkische
Fahrer sind aber richtige Freunde geworden, nette Kerle sind das, und
einige haben richtig was in der Birne.
Wie viele Akademiker
gibt es unter den Taxlern?
Das mit den
Studierten ist so eine Sache. Heute sagt ja jeder, er hat studiert,
wenn er mal in der Cafeteria einer Uni rumgesessen ist. Für mich ist
nur ein Akademiker, der ein abgeschlossenes Studium hat, in München
sind das ungefähr zehn Prozent. Hier fahren Anwälte aus Damaskus
und Mediziner aus Kabul. In Moskau sind es viel mehr, das hat
Tradition. Im Kommunismus hat ein Taxifahrer mit seinen Verbindungen
mehr verdient als ein Professor.
Wie viele Taxis gibt
es in München?
3380.
Wie viele Fahrer?
8000, die regelmäßig
fahren.
Fahren auch welche
unregelmäßig?
Ja, ungefähr 4000,
die haben zwar einen Taxiführerschein, fahren aber nur, wenn sie mal
Geld für ein neues Schlafzimmer brauchen.
Welcher ist der
beste Stand in München?
Auf keinen Fall die
Plätze am Bahnhof, die kann man sich sparen. Zu kurze Fahrten, viel
zu stressig.
Aber die vor den
großen Hotels sind gut, oder?
Die sind beliebt,
aber zu Unrecht. Die Fahrer gieren auf Fahrten zum Flughafen, ist
aber dumm. Man fährt 35 Kilometer für 55 Euro, und steht dann vier
Stunden in der Schlange am Terminal.
Man kann doch
zurückfahren.
70 Kilometer für 55
Euro? Das lohnt sich nicht. Am besten sind Viertel mit gemischter
Struktur, Leute mit Geld, alte Leute, ein Krankenhaus, ein paar
Unternehmen.
Was verdient ein
Taxifahrer in München?
1670 Euro brutto.
Wir haben einen tariflichen Mindestlohn.
Und wenn man sich
richtig ins Zeug legt?
Kann man 3500 Euro
brutto machen. Aber nur, wenn man sich den Arsch aufreißt. 60, 70
Stunden fahren, kaum schlafen.
Was verdient ein
Taxler in Berlin?
Zwei Drittel von
einem Münchner. Ungefähr 1000 Euro brutto.
Praktisch
Hartz-IV-Niveau.
Gehen Sie mal nach
Halle oder Frankfurt/Oder, da wird’s zappenduster. Wenn es da mal
stärker regnet, finden Sie überhaupt kein Taxi mehr.
In Berlin wird
Gepäck kostenlos transportiert, in München zahlt man 50 Cent.
Wieso?
Dafür habe ich
gesorgt. Für mich ist das Service. Man zahlt, dafür werden die
Koffer ein- und ausgeladen.
Die Kunden sehen das
sicher anders.
Haben Sie eine
Ahnung! Die schätzen das. In München haben wir täglich 70 000
Fahrten und bekommen zwei bis drei Beschwerden im Jahr deswegen.
Wie viele Frauen
sitzen im Taxi hinterm Steuer?
Jahrelang lag der
Frauenanteil in München bei 15 Prozent. Im Moment liegt er unter
fünf Prozent.
Warum?
Viele Frauen, die
früher gefahren sind, putzen heute, da kriegen sie auch ihre 12 Euro
in der Stunde.
Und die anderen,
fahren die auch nachts?
Einige schon, aber
nur die ganz harten. Frauen gehören nach 22 Uhr nicht mehr ins Taxi,
da ist ganz anderes Publikum unterwegs, vor allem Besoffene.
Aber besser, die
sitzen im Taxi als hinterm Steuer.
Schon richtig,
trotzdem bringen uns besoffene Autofahrer am meisten.
Warum?
Betrunken im Taxi
sitzt ein Besoffener nur einmal. Verliert er den Führerschein, fährt
er ein ganzes Jahr mit dem Taxi.
Worin besteht sonst
noch der Unterschied vom Tag- zum Nachtfahren? Man verdient nachts
besser, aber nur von Donnerstag bis Sonntag. Da macht man in weniger
Zeit die Hälfte mehr Umsatz.
Sonst noch was?
Die
Durchschnittsgeschwindigkeit ist viel höher, bei ungefähr 40 km/h,
tagsüber nur zwischen 15 und 25 km/h.
Fährt man auch
andere Wege?
Klar, am Tag muss
ich wissen, wo Behörden und Krankenhäuser sind, nachts, in welchem
Bumslokal welche Musik gespielt wird. Am besten hat man immer einen
Veranstaltungsplan dabei und meidet die Läden, wo die ganz Jungen
drin sind.
Weil die kein Geld
haben?
Geld haben die in
München genug, das Problem ist, dass sie dir das Auto vollsauen,
seitdem die das Flatrate-Saufen entdeckt haben.
Haben Sie einen
Stammfahrer, wenn Sie privat Taxi fahren?
Nein, ich rufe mir
auch eines, aber ich steige nicht bei jedem ein. Wenn es stark nach
Schweiß riecht oder das Auto zu dreckig ist, weigere ich mich.
Kann man das machen?
Das soll man sogar,
als Kunde braucht man Qualitätsbewusstsein, ich kaufe meine Wurst
doch auch nicht bei einem Metzger, bei dem die Theke versifft ist und
die Mäuse rumlaufen. Wenn ich so einen Saubären sehe, sage ich ihm,
dass mich das stört, und steige in das nächste ein. Ich schäme
mich doch, wenn da vorn einer sitzt, der stinkt und keine Zähne im
Mund hat.
In welcher
europäischen Stadt gibt es die besten Taxifahrer?
In London. Die
Fahrer der ehrwürdigen London Cabs, die Black- Cab-Fahrer, müssen
eine zweieinhalbjährige Ausbildung durchlaufen, bevor sie ihre
Lizenz kriegen. Die fahren gut, kennen die Stadt in- und auswendig,
das ist schon toll. Dafür müssen die nichts für die Konzession
bezahlen. In München kostet die 20 000 Euro, in New York 125 000
Dollar.
Paris?
Der absolute Hammer.
Da gibt es Taxigesellschaften, die sind Aktiengesellschaften und
vermieten die Fahrzeuge an die Fahrer. Die müssen pro Schicht
abdrücken und den Sprit zahlen. Das sind Tagelöhner.
Und die Fahrer in
München?
Denen geht es
ziemlich gut und die sind auch richtig gut. Die Ausbildung ist heute
viel strenger als früher.
Das heißt?
Die Ortskundeprüfung
hat vor 40 Jahren praktisch jeder geschafft, heute fallen 90 Prozent
durch.
Heute hat doch
sowieso jeder ein Navigationssystem.
Das Navi erleichtert
mir das Leben aber nur, wenn ich eine
Straße in
Gröbenzell suche. In der Stadt bringt es nicht viel, da gibt es
Baustellen, Umleitungen, temporäre Geschichten, das muss man alles
wissen, um die schnellste und kürzeste Route zu finden, und die
müssen wir ja fahren. Das ist Gesetz.
Wie kann man sich in
einer fremden Stadt dagegen wehren, dass ein Fahrer einen Umweg
fährt?
Das machen die
wenigsten, ehrlich, weil es nichts bringt. Man kann das alles mit
GPS-Technik nachverfolgen. Klar probiert es hin und wieder einer,
aber der wird von seinem Unternehmer schnell erwischt.
Und wenn ich zum
Flughafen fahre und dem Fahrer 40 statt 55 Euro gebe, wenn er die Uhr
ausmacht?
Ich bin mal privat
bei einem eingestiegen, der wusste nicht, wer ich bin, und fragte, ob
er die Uhr ausmachen kann. Okay, hab ich gesagt. Am Zielort wollte er
6,90 Euro. Da bin ich einfach ausgestiegen. Man muss nur zahlen, was
auf dem Taxameter steht. Und weil da nichts stand, hatte er eben Pech
gehabt.
Stichwort:
Oktoberfest.
In diesen zwei
Wochen zeigt sich, wer von den Fahrern intelligent ist und wer nicht.
Die Dümmsten stehen vorn am Haupteingang, fahren den Kunden für
fünf Euro zum Bahnhof und brauchen wegen des Verkehrs eine Stunde,
bis sie zurück sind. Die Klugen warten auf der Theresienhöhe, wo
die Bavaria steht.
Warum?
Erstens geht es da
steil nach oben, so einen Hügel und so viele Treppen schafft ein
Besoffener nicht mehr.
Zweitens?
Steht dort das
»Käfer-Zelt«, da feiern die Geldigen, die wohnen in Solln und
Grünwald und geben gutes Trinkgeld.
Drittens?
Ist man dort schnell
zurück, weil der Verkehr nicht so stark ist.
Jemals von einem
Promi beschissen worden?
Ja, vom Armin Hary,
dem 100-Meter-Läufer. Das war ein Bazi. Kommt aus einem Kaufhaus am
Marienplatz und sagt, er will zum Sporthaus Oberpollinger am Stachus.
Ich fahre also die 300 Meter, sehe schon im Rückspiegel, wie er sein
Kleingeld zählt. Angekommen, drückt er mir die warmen Münzen in
die Hand, reißt die Tür auf und spurtet davon. Ich hatte 1,60 Mark
in der Hand, gekostet hätte es 2,10 Mark.
Das tragischste
Erlebnis?
War im Jahr 1984,
damals bin ich selbst nicht mehr gefahren. Ein ungarischer Fahrer
wurde bei seiner ersten Fahrt erschossen und ausgeraubt. Für 18
Mark. Am nächsten Tag besuche ich seine Frau, hochschwanger. Ein Bub
steht neben ihr, zwei oder drei Jahre alt und schreit »Papa, Papa!«.
Wer sind Ihre
wichtigsten Kunden?
Alte Leute, kranke
Leute. Menschen, die auf uns angewiesen sind. Seit der Krise bleiben
viele Gelegenheitskunden weg; Menschen, die sich uns eigentlich gar
nicht leisten können, aber zu viel gesoffen haben und irgendwie nach
Hause müssen. Die Unternehmen sparen auch, also bleiben die Alten.
Die müssen zum Arzt, zur Massage, zur Dialyse. Wäre alles fein,
wenn das Rote Kreuz nicht dazwischenfunken würde.
Auch das müssen Sie
erklären.
Gegen die kämpfe
ich seit 1977. Die bringen die Omas halt nicht nur ins Krankenhaus,
sondern auch noch gleich ins Café und zum Friseur und machen uns das
Geschäft kaputt. Dabei zahlen sie keine Steuern und haben alle
Freiheiten der Welt. Vor Jahren hat mal ein hochrangiger
CSU-Politiker zu mir gesagt: »Meißner, Sie können von mir alles
verlangen, aber nicht, dass ich mich mit dem Roten Kreuz anlege.«
Die sind unser Hauptkonkurrent und haben bei uns sicher 4000
Arbeitsplätze vernichtet. Besonders absurd ist es, dass eine
Prinzessin von Thurn und Taxis jetzt deren Präsidentin ist. Nicht
viel besser sind der Malteser Hilfsdienst und die Johanniter.
In München gibt es
doch sicher ein paar Damen, die sich täglich zum "Käfer und
zum Friseur chauffieren lassen.
Gibt es, aber die
rufen kein Taxi, die haben einen festen Fahrer und das ist auch
besser so. Ich hatte mal so eine, vor 30 Jahren, der gehörte ein
Modegeschäft. Die rief jeden Tag an und meinte: »So, Herr Meißner,
jetzt fahren Sie mich erst ins Geschäft und dann bitte zur Reinigung
und dann geben Sie das noch in Solln ab, besorgen das, holen mich ab
und bringen mich wieder nach Hause.«
Sie hätten doch ihr
Chauffeur werden können.
Manche meiner
Kollegen haben das versucht, nach zwei, drei Jahren saßen alle
wieder in ihrem Taxi. Ich kenne einen, der hat einen sehr reichen
Münchner drei Jahre lang durch die Gegend kutschiert. Dann hat er
gekündigt, weil er es nicht mehr ausgehalten hat. Deswegen wird man
ja Taxifahrer, damit man kein Leibeigener ist. Taxifahrer wollen frei
und unabhängig sein. Das ist zwar eine Illusion, aber egal, um die
geht es, die ist wichtig.
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